Im 17. Jahrhundert erlebt Frankreich eine rasche Institutionalisierung des Theaters. Eigene Theatergebäude entstehen, und die Bühne wird in der Folge selbst zum Experimentierraum: Verschiedene Wissenschaften und Künste wirken zusammen, um immer neue Effekte auf der Bühne zu erzeugen. Wollte man die Bestrebungen der Theaterakteure auf eine Formel bringen, so könnte man ihr Ziel sicher fassen als:

Dynamisierung der Körper und Ästhetisierung der Maschine

Die räumlichen Möglichkeiten bringen eine neue Schauspielkunst hervor, die den Körper stärker als zuvor bewegt, um auf diese Weise Handlungen besser auf der Bühne, aber auch in der Luft realisieren zu können. Der Theaterraum wird mit ganzem Körpereinsatz bespielt. Die dafür geschaffene Maschinerie eröffnet dem Schauspielenden Himmel und Hölle als dritte Dimension. Was an Maschinen dafür notwendig ist, wird ummantelt, verschleiert, verdeckt, verhüllt und bis zur Unkenntlichkeit hinter einer Malerei der Szenografie versteckt. Dergestalt entstehen eindrucksvolle Gesamtkunstwerke, die ihre Parallele in den zeitgenössischen, üppig ausgestatteten Hoffesten finden. Das Spektakel soll nicht mehr einfach nur verstanden werden, im Mittelpunkt steht nun die Lust am Schauen:

Perseus: „La Raison est complice des yeux“ (Andromède, Akt I, Szene 1).

Für das Spektakel bedarf es einer großen Maschinerie, die sowohl in Darstellungen einzelner Maschinen überliefert ist, als auch in Zeichnungen, die uns interessanterweise Einblicke in die ,Vorder-‘ und ‚Hinterbühne’ gewähren, insofern auch die Machart der Maschinen in den einzelnen Entwürfen festgehalten ist.

Per Bjurström: Giacomo Torelli and Baroque Stage Design. Stockholm 1961, S. 57.
Gabriel Dumont: Vue perspective de la mécanique, et construction d’un intérieur de théâtre, in: <i>Parallèle des plans des plus belles salles (1674)</i>.

Per Bjurström: Giacomo Torelli and Baroque Stage Design. Stockholm 1961, S. 57.

Gabriel Dumont: Vue perspective de la mécanique, et construction d’un intérieur de théâtre, in: Parallèle des plans des plus belles salles (1674).

Das Maschinentheater ist folglich kein Sprech- oder Deklamationstheater. Es bietet vielmehr überraschende Dekorationswechsel, Licht- und Geräuscheffekte, integriert Musik und zeigt Flüge, Meeresbewegungen sowie Verwandlungen von Körpern. Alles, was man mit dem bloßen Auge nicht erkennen kann, wird einer höheren Macht zugeschrieben. Entsprechend sind auch die Themen häufig der antiken Mythologie entnommen, die einen reichhaltigen Themenschatz an Magie, Zauber und machtvollen Göttern bereitstellt. Gerade der Mythos von Perseus, Medusa und Andromeda bietet einige solcher staunenswerter Handlungsstränge, wie (Bühnen-)Flüge, Versteinerung oder schlicht ein schwimmendes Ungeheuer. Effekte werden durch eine opulente Maschinerie ermöglicht, die sowohl oberhalb des Sichtraums als auch unter der Bühne, zugänglich durch eine Luke, Platz für die Apparaturen der Metamorphosen oder der Drachen und Ungeheuer vorsieht. Gabriel Dumonts Darstellung liefert einen guten Eindruck, wie das ‚Skelett‘ des Theaters aussehen konnte.

Theatermaschine

Um die Zuschauenden zum Staunen zu bringen, werden die Naturgesetze in der Darstellung scheinbar außer Kraft gesetzt. Solche Fähigkeiten wurden bis dahin nur Magiern zugeschrieben: Wasser oder Feuer auf der Bühne, schwimmende oder fliegende Drachen, Teufelserscheinungen in Form des diabolo-ex-machina-Verfahrens, Metamorphosen wie Verwandlungen oder Versteinerungen, aber auch fliegende Körper oder Wagen gehören dazu. Die technischen Verfahren werden allesamt im 17. Jahrhundert auf der Basis der italienischen Perspektivbühne entwickelt.

Die Bewunderung des Maschinenapparats zielt dabei zuerst auf die ‚Maschinen-Gestalt‘ des Königs und sodann auf die von ihm in Auftrag gegebenen Werke. Er wird als Allegorie des Sonnengottes Apoll in der Kunst, im Versailler Garten und auf der Bühne gefeiert. Der berühmte Apollo-Brunnen in Versailles ist sicherlich Vorbild für manche Apoll-Maschine auf der Bühne.

Brunnen in Versailles
Künstler: Jean-Baptiste Tuby [1635–1700]: Schlosspark von Versailles – Apollo-Bassin. Vue du parc: bassin d’Apollon: Le char d'Apollon (surgissant de l’onde face au soleil levant, tiré par quatre chevaux fougueux et entouré de quatre tritons soufflant dans des conques et de quatre poissons fantastiques). 1668–1670; Inventar-Nr.: inv1850 n°9137. Versailles, Châteaux de Versailles et de Trianon; Copyright: bpk | RMN - Grand Palais | Gérard Blot.

Vergleichbar mit dem Brunnen in Versailles sieht man in verschiedenen Maschinenstücken Apoll oder wie in Andromède die Sonne auf einem Wagen über die Bühne fliegen. Ihre imposante Gestalt und zumeist auch der Strahlenkranz um den Kopf zeichnen die Figur im Theater aus.

Apollon dans son char céleste, tiré par quatre chevaux
le char d'Apollon

Zeichnung von Jean Bérain: Apollon dans son char céleste, tiré par quatre chevaux (1700-1705), 32,4 x 8 cm, in: Recueils des Menus Plaisirs du roi, Inventaire par Jérôme de La Gorce, Centre André Chastel, UMR 8150 CNRS, Université Paris IV, N° notice: MP-00199; Série Fonds de la Maison du roi sous l'Ancien Régime (sous-série O/1); Inventarnr. CP/O/1/3239, Nr. 71. Recueil de décorations de théâtre recueillies par Monsieur Levesque, garde général des magasins des Menus Plaisirs de la Chambre du Roy, Tome II, Paris, 1752.

Projekt von Jean Bérain für le char d'Apollon, 24,4 x 32,5 cm; wahrscheinlich für den Prolog von Aricie (livret de l'abbé Pic, musique de La Coste), tragédie en musique créée à Paris, le 9 juin (?) 1697, in: Recueils des Menus Plaisirs du roi, Inventaire par Jérôme de La Gorce, Centre André Chastel, UMR 8150 CNRS, Université Paris IV; Inventarnr.: MP-00738, Cote: CP/O/1/3242/B/2, Nr. 69.

Sowohl das Maschinentheater als auch die Oper nutzen den jeweiligen Prolog, um dem König zu huldigen. Wie erwähnt, dient der suggestiven Lobpreisung des Sonnenkönigs meist ein Wagen mit Apoll, so auch in Andromède. Jean Bérain hat mit dem folgenden Entwurf (ca. 1697) den berühmten Apollo-Brunnen aus Versailles von Jean-Baptiste Tuby zitiert. Wichtig ist für den an Seilen hängenden und nach unten bzw. zur Seite bewegten Wagen der Lichterkranz (Halo), den der Sonnengott auf dem Kopf trägt: Der Strahlenkranz blendet mit seinen Kerzen im Theater ganz bewusst die Zuschauenden, sodass sie die auf der zweiten Zeichnung erkennbare Apparatur nicht sehen können.

Projekt von Jean Bérain für Le char d’Apollon, 22,9 x, 37,1 cm, wahrscheinlich für den Prologue von Aricie (livret de l’abbé Pic, musique de La Coste), tragédie en musique créée à Paris, le 9 juin (?) 1697, in: Recueils des Menus Plaisirs du roi, Inventaire par Jérôme de La Gorce, Centre André Chastel, UMR 8150 CNRS, Université Paris IV. Inventarnr.: MP-00396, Cote: CP/O/1/3241, Nr. 39.

Wie bereits das Beispiel mit Apoll zeigt, mussten fliegende Wagen durch die Handlung begründet sein, zugleich war es jedoch leichter, mittels Wolke oder Gefährt die Bewegung der Seile zu ummanteln. Hierfür wurden die aus der Horizontalen bekannten Bewegungsmittel wie Wagen und Rosse für die Vertikale genutzt. Die Bedeutung der Reiter, Wagen und Rosse für die dargestellte horizontale sowie vertikale Bewegung auf der Bühne entstammt einerseits der Idee der Streitwagen, die für die Ritterlichkeit der Höflinge stand, und andererseits aus der für den Adel wichtigen Symbolik edler Pferde. Kriegsmaschinerie und Ästhetik finden mit der Darstellung der Streitrösser und Kriegswagen zusammen.

THEATERINGENIEURE: DIE WERKE VON GIACOMO TORELLI UND NICOLA SABBATTINI

Die Theateringenieure sind – ganz in der Tradition eines Leonardo da Vinci – Künstler und Wissenschaftler zugleich. Giacomo Torelli, der aus Venedig an den französischen Hof kommt und Andromède als Szenograf inszeniert, und Nicola Sabbattini, der als Theoretiker für die Maschinen in ganz Europa ein zweibändiges Grundlagenwerk vorlegt, sind in ihrem Ideenreichtum und ihrer Gestaltungsvielfalt bis heute einzigartig. Für Pierre Corneilles Andromède hat sich Torelli die Inszenierung von Naturgewalten überlegt, die die Zuschauenden verblüffen soll: Hierfür werden allegorische Winde gezeigt, die Andromède an ihre Opferstätte bringen und die den Flug zum hörbaren Ereignis machen. Die Zeichnungen dokumentieren Torellis akribische Vorarbeiten.

Windgeräusch und Allegorie aus Andromède

Giacomo Torelli. Signatur
Francesco Milesi: Giacomo Torelli. L’invenzione scenica nell’Europa barocca. Fano 2000, S. 31: Descrizione degli argnai dei teatri veneziani negli appunti di viaggio dell’architetto svedese.

Giacomo Torelli. Signatur.

Francesco Milesi: Giacomo Torelli. L’invenzione scenica nell’Europa barocca. Fano 2000, S. 31: Descrizione degli argnai dei teatri veneziani negli appunti di viaggio dell’architetto svedese.

Die Winde tragen in Andromède sichtbar und hörbar die Protagonistin zu ihrem Opferstein und befreien sie im nachfolgenden Akt auf Geheiß von Perseus auch wieder:

Schon mit Bellerophon hat Giacomo Torelli in Venedig ein Bühnenbild entworfen, das den Flug des Helden in der Diagonale nach unten und wieder nach oben vorsah und so das Publikum überrascht. Genau wie Perseus sieht man auf dem überlieferten Stich der Szenografie Bellerophon auf dem geflügelten Pferd Pegasus nach unten fliegen. Das Szenario übernimmt Corneille sodann für sein Theaterstück.

Torelli Bellerophontes Perseus Seeungeheuer

Torelli: Set for Bellerofone, act II/2, Venice 1642 (Engraving by G. Giorgi (Cat. no. 5) [aus: Bjurström: Giacomo Torelli, S. 64], dargestellt ist eine einsame Insel, auf der Bellerophon gegen die Chimäre kämpft, die in der Bühnenmitte auf ihren Gegner lauert.

BEWEGTE KÖRPER IN CORNEILLES ANDROMÈDE

In Andromède werden verschiedene Gottheiten und Heroen mithilfe von Maschinen in alle Richtungen bewegt: Venus fährt mithilfe einer Wolkenmaschine auf die Erde, um die Hochzeit zu verkünden; Andromeda wird von Winden (Allegorien) entführt, nach oben und wieder unten geflogen, sodann durch dieselbe Bewegung in einer rückwärtsgerichteten Fahrt gerettet; Perseus kämpft während seines Fluges auf Pegasus gegen das Monster und besiegt es; Neptun fährt auf einer von Seepferdchen gezogenen Muschel auf dem Meer heran; schließlich wird Jupiter selbst auf einem goldenen Thron vom Himmel herabgesenkt. Am Ende fahren alle gemeinsam in den Himmel auf: die Hochzeit steht bevor. Um die Bewegungen in alle Himmelsrichtungen vollziehen zu können, werden Flugmaschinen eingesetzt, bei denen eine gleitend elegante und harmonisch wirkende Funktionsweise und Unkenntlichkeit der Apparatur wesentlich sind:

Fliegen und Fugmaschinen

Minerva in ihrem Wagen
Jérôme de La Gorce, Féeries d'opéra, Décors, machines et costumes en France (1645–1765), Paris, 1997, p. 97 et 98, n° 90 et n° 91; Dans l'atelier des Menus Plaisirs du roi. Spectacles, fêtes et cérémonies aux XVIIe et XVIIIe siècles, par Jérôme de La Gorce et Pierre Jugie, Paris, Archives nationales-Versailles, Artlys, 2010, n° 79 (reproduit)

Jean Bérain: Minerva in ihrem Wagen, frontal dargestellt, 44,1 x 29, 3 cm, Projekt für Méduse (livret de Claude Boyer; musique de Charles Hubert Gervais), tragédie en musique, créée à Paris, le 19 mai 1697, in: Recueils des Menus Plaisirs du roi, Inventaire par Jérôme de La Gorce, Centre André Chastel, UMR 8150 CNRS, Université Paris IV, Nr. MP-00205; CP/O/1/3239, Nr. 76

Jérôme de La Gorce, Féeries d'opéra, Décors, machines et costumes en France (1645–1765), Paris, 1997, p. 97 et 98, n° 90 et n° 91; Dans l'atelier des Menus Plaisirs du roi. Spectacles, fêtes et cérémonies aux XVIIe et XVIIIe siècles, par Jérôme de La Gorce et Pierre Jugie, Paris, Archives nationales-Versailles, Artlys, 2010, n° 79 (reproduit).

Auch das Meer gehört mit zu den Maschinen im Theater, denn das Wasser kann in Bewegung gezeigt, also aufgewühlt, werden und der Stimmung entsprechend seine Farbe und Größe der Wellen ändern. Nicola Sabbattini entwirft dafür eine Kurbelinstallation, bei der behauene Eichenstämme gedreht werden, sodass eine Bewegung des Meeres erkennbar wird. Balken mit silbernen Schaumkronen bemalt perfektionieren die Illusion, bei der per Kreisbewegung eine Auf- und Abwärtsbewegung der Wellen suggeriert wird:

<i>Pratique pour fabriquer scènes et machines de théâtre</i> par Nicola Sabbattini de Pesaro, anciennement architecte de son Altesse Sérénissime le Duc Francesco Maria della Rovere, dernier seigneur de Pesaro. Réimprimé augmenté du Livre second. Au très illustre et très révérend seigneur, Monseigneur Honorato Visconti, archevêque de Larissa de la Privince de Romagne et Président de l’exarchat de Ravenne, avec privilège. Ravenne 1638, S. 114 (Livre second, Chapitre 29).

Pratique pour fabriquer scènes et machines de théâtre par Nicola Sabbattini de Pesaro, anciennement architecte de son Altesse Sérénissime le Duc Francesco Maria della Rovere, dernier seigneur de Pesaro. Réimprimé augmenté du Livre second. Au très illustre et très révérend seigneur, Monseigneur Honorato Visconti, archevêque de Larissa de la Privince de Romagne et Président de l’exarchat de Ravenne, avec privilège. Ravenne 1638, S. 114 (Livre second, Chapitre 29).

Für Andromède können wir davon ausgehen, dass diese Maschine zusätzlich eingefärbt wurde, nämlich in Rot, um dem Publikum das Seeungeheuer zunächst blutend und dann sterbend vor Augen führen zu können. Spätestens als das Meer blutrot eingefärbt ist, wird den Zuschauenden klar, dass das Monster tot ist. Über das Wasser heißt es:

Cymodoce (Nereide): „Du sang de notre monstre encore toutes teintes“ (Andromède, Akt III, Szene 4)

Dämonen ex machina

Auf- und Abwärtsbewegungen werden gerne mit Deus-ex-machina-Maschinen umgesetzt, die es erlauben, Dämonen – wie hier von Jean Bérain – aus der Bodenluke erscheinen zu lassen.

Zeichnung aus der Werkstatt von Jean Bérain: Dämonen, die durch die Bodenklappe auf der Bühne erscheinen, 51 x 34,4 cm, in: Recueils des Menus Plaisirs du roi, Inventaire par Jérôme de La Gorce, Centre André Chastel, UMR 8150 CNRS, Université Paris IV; Inventarnr. MP-00550; CP/O/1/3242/A, 17.

Teufelserscheinung

Um den Effekt des plötzlichen Erscheinens von Gestalten aus Bodenluken noch zu vergrößern, werden die Bodenlöcher mit Dekorationen geschickt verkleidet, während die Figuren selbst maskiert und vor dem Hintergrund gemalter Szenerien auftreten. Bei den Dekorationen selbst können Halbedelsteine oder andere Steine mit Leuchtkraft zum Einsatz kommen, um die Lichteffekte der Bewegungsmaschinerie zu steigern. Damit soll das Staunen im Publikum noch verstärkt werden.

Zeichnung aus der Werkstatt von Jean Bérain: Dämonen, die durch die Bodenklappe auf der Bühne erscheinen, 51 x 34,4 cm, in: Recueils des Menus Plaisirs du roi, Inventaire par Jérôme de La Gorce, Centre André Chastel, UMR 8150 CNRS, Université Paris IV; Inventarnr. MP-00550; CP/O/1/3242/A, 17.

Versteinerung – Metamorphose:

Sabbattini beschreibt eine Versteinerung, indem er erklärt, wie ein Tuch auf der Bühne festgenagelt wird, das zuvor als Stein bemalt wurde. Durch langsames und geschicktes Auf- bzw. Abwärtsbewegen des Tuches können Menschen kaschiert oder aufgedeckt werden, die zuvor vom Stein versteckt wurden (Nicola Sabbattini de Pesaro: Pratica di fabricar scene, e machine ne’teatri (1638) / Pratique pour fabriquer scènes et machines de théâtre (1638) („Anleitung, Dekorationen und Theatermaschinen herzustellen“). Mit diesem einfachen Kunstgriff lassen sich im Dunkel des Bühnenraums wirkungsvolle Effekte erzielen. Auch wenn in Andromède die Feinde schließlich versteinert werden, so wird dies in Corneilles Stück doch nicht auf der Bühne gezeigt, sondern als Botenbericht präsentiert. Sicher wäre eine zusätzliche Maschine für den fünften Akt, in dem bereits verschiedene Himmelfahrten stattfinden, auch nicht einfach zu gestalten gewesen.

<i>Pratique pour fabriquer scènes et machines de théâtre</i> par Nicola Sabbattini de Pesaro, anciennement architecte de son Altesse Sérénissime le Duc Francesco Maria della Rovere, dernier seigneur de Pesaro. Réimprimé augmenté du Livre second. Au très illustre et très révérend seigneur, Monseigneur Honorato Visconti, archevêque de Larissa de la Privince de Romagne et Président de l’exarchat de Ravenne, avec privilège. Ravenne 1638, S. 109 (Livre second, Chapitre 25).

Pratique pour fabriquer scènes et machines de théâtre par Nicola Sabbattini de Pesaro, anciennement architecte de son Altesse Sérénissime le Duc Francesco Maria della Rovere, dernier seigneur de Pesaro. Réimprimé augmenté du Livre second. Au très illustre et très révérend seigneur, Monseigneur Honorato Visconti, archevêque de Larissa de la Privince de Romagne et Président de l’exarchat de Ravenne, avec privilège. Ravenne 1638, S. 109 (Livre second, Chapitre 25).

Drachen

Drachen gehören zu einem Inventar des ‚merveilleux‘ auf der Bühne, die noch mehr als die Götter die Zuschauenden zum Staunen bringen. Sie können im Meer schwimmend oder am Himmel fliegend dargestellt werden. Sowohl der Körper kann sich bewegen, als auch das Maul geöffnet bzw. nach seiner Beute schnappend schnell geschlossen werden. Nicht zuletzt gehört es zu den Eigenheiten dieser Wesen, flugfähig zu sein. So ist es auch möglich, die Flügel in eine vertikale Bewegung zu bringen. Dies wird durch schlichte Schnüre bewirkt, wie wir sie von Marionetten der Augsburger Puppenkiste kennen. Allerdings viel größer und entsprechend gewichtiger müssen die Drachen auf einer Apparatur aufliegen, damit ihre Bewegung glaubwürdig erscheint oder gar echt wirkt. Ein Seilflug, wie er von Göttern in Wolken unternommen wird, war für die schwere Apparatur eines Drachens undenkbar. Bellerophon und Perseus sind nicht die einzigen, die es mit diesen eindrucksvollen Wesen aufnehmen müssen und sie besiegen.

Drache Drache Drache

Zeichnung aus der Werkstatt von Jean Bérain: Chimäre (1705) aus Bellérophone (livret de Thomas Corneille et de Bernard de Fontenelle; musique de Lully), tragédie en musique créée à Paris le 31 janvier 1679, 50,5 x 34 cm, in: Recueils des Menus Plaisirs du roi, Inventaire par Jérôme de La Gorce, Centre André Chastel, UMR 8150 CNRS, Université Paris IV, Inventarnr.: MP-00605; CP/O/1/3242/A; 72.

Drache

Drache

John Babington: Dragon on the line, Pyrotechnic, 1635, in: Revue d’histoire du théâtre 2018-2.

Die Chimäre ist gut an ihrem Löwenkopf, Ziegenkörper und Drachenschwanz erkennbar. Auf dem mittleren Bild oben und rechts oben sieht man, wie die Chimäre bewegt wurde, nämlich durch einen Maschinisten, der im Körper des Wesens saß, sodass er mit seinen Beinen diejenigen der Chimäre bewegen konnte. Der Schwanz des Tieres bewegte sich bei jeder Bewegung mit, weil er aus Ringen gebaut war. Wie Perseus so tötet auch Bellerophon ein Drachenwesen, hier die Chimäre, und in beiden Fällen reitet der Held auf Pegasus durch die Luft zum Sieg.

Giacomo Drache
Drache

Zeichnung von Jean Bérain für ein Monster, das eine Höllenszene darstellen soll, 30,3 x 43,4 cm, in: Recueils des Menus Plaisirs du roi, Inventaire par Jérôme de La Gorce, Centre André Chastel, UMR 8150 CNRS, Université Paris IV; Inventarnr. MP-00087; CP/O/1/3238, 72.

Nicole Decugis et Suzanne Reymond, Le décor de théâtre en France du Moyen Age à 1925, Paris, 1953, p. 89; Deux siècles d'opéra français, Paris, Bibliothèque Nationale - Musée de 'Opéra, 1972, p. 51; François Lesure, L'opéra classique français, Genève, 1972, p. 56, pl. 38 (reproduit); Philippe Beaussant, Lully ou la musique du Soleil, Paris, 1992, p. 734, fig. 108 (reproduit).




Ballet de la nuit, Szenografie von Henri Gissey.
Ballet de la nuit, Szenografie von Henri Gissey.

Wie der Vergleich zwischen den verschiedenen Elementen aus Andromèdes Szenografie zeigt, werden der Sonnenwagen aus dem Prolog, die Felsenwand der gefangenen Heroin und das Gefährt des Neptuns für die Darstellung des berühmten Ballet de la nuit 1653 wieder aufgenommen und die Maschinen für den ersten Aufzug mit Proteus und den Nereiden erneut verwendet.

SCHAU-SPIEL und Kostüme von Jean Bérain

Auch das Schauspiel ändert sich im 17. Jahrhundert grundlegend. Der Einfluss der akrobatischen Commedia dell’arte auf die Komödie und das Interesse an bewegten Körpern im Maschinentheater bewirkt, dass auch das Schau-Spiel nicht mehr bloße Deklamation sein darf. Will das Theater Illusionen erzeugen, kann es nicht allein Dialoge auf der Bühne präsentieren. Die bisher verwendeten Gesichtsmasken werden von prächtigen Kostümen abgelöst. Aufwendige und prunkvolle Verkleidungen helfen nun dabei, die Wesenhaftigkeit des Menschen verändernd darzustellen.

Während spätere, mit der Oper konkurrierende Stücke und auch die Ballette gerne auf fabelhafte Figuren zurückgreifen, finden sich in der Tragödie Andromède mythologische Protagonisten. Um sie zu erkennen, muss man ihre Symbole deuten: Den Dreizack trägt Neptun, und Pegasus ist beflügelt. Die Figuren werden aber im Stück immer auch mit Namen angesprochen und was sie tun, wird nochmal berichtet, damit die Bühnenhandlungen vom Zuschauenden auf alle Fälle richtig gedeutet werden.

Die wohl bekanntesten Künstler im Bereich der Kostümentwürfe waren Jacques Bellange und Jean Bérain. Wer die Kostüme für die Andromède-Aufführungen entworfen hat, wissen wir nicht. Wir können aber annehmen, dass Neptun vergleichbar gestaltet war wie derjenige von Bérain, der den symbolischen Dreizack trägt und als König der Meere mit einer Krone ausgestattet ist.

Jean Bérain: Costume de Neptune pour les deux dernières scènces d’Acis et Galatée (1686), 38,5 x 28 cm, Chantilly, Musée Condé, 2013.0.27.
Jacques Bellange: Page au masque bleu, 1600-1606, Plume, Encre noire, 42,6 x 30,5 cm, Chantilly, musée Condé, DE 1145.

Jean Bérain: Costume de Neptune pour les deux dernières scènes d’Acis et Galatée (1686), 38,5 x 28 cm, Chantilly, Musée Condé, 2013.0.27.

Jacques Bellange: Page au masque bleu, 1600-1606, Plume, Encre noire, 42,6 x 30,5 cm, Chantilly, musée Condé, DE 1145.

Wie das berühmte blaue Maskenbild von Bellange verdeutlicht, hat man im Maschinentheater auch keine Skrupel, mit Feuer und Wasser zu hantieren. Die vielen Arbeiter, die sich auch um die Beleuchtung kümmern mussten, haben zudem die Aufgabe, Feuer und Wasser zu sichern. In Andromède freilich, war das Meer nur gemalt, und auf Feuer hatte man verzichtet. Licht- und Spiegeleffekte waren für das Maschinentheater wie später für Versailles genauso wichtig wie Kostüme und Masken. Ohne diese Apparaturen ist für uns die höfische Gesellschaft nicht vorstellbar.