Sprachpaten für Geflüchtete

Hier finden Sie Informationen zum Lehrprojekt.

Die größten Hürden für die Integration von Immigranten sind Sprachbarrieren. Wer die Sprache des Landes, in dem er wohnt, sich ausbilden und arbeiten will, nicht beherrscht, hat keine Chance auf ein eigenständiges Leben. Aus diesem Grund werden Arbeitsimmigranten und erfolgreich Asyl beantragten geflüchteten Menschen neben den Bedürfnissen des alltäglichen Lebens auch Sprachkurse angeboten. Diesen Bedarf decken Sprachinstitute und Sprachlehrzentren, die auf verschiedenen Niveaus eine große Anzahl an Kursen unterrichten. Gerade für Germanisten und Linguisten erschließt sich hier ein interessantes Arbeitsfeld (das allerdings mit einem Zertifikat im Bereich Deutsch als Fremdsprache (DaF) ergänzt werden sollte, wie es etwa das Sprachenzentrum unserer Universität mit dem Erweiterungscurriculum DaFLL anbietet. Was ist aber mit denjenigen geflüchteten Menschen, die nicht zuletzt aufgrund ihrer Ausbildung und bisherigen Berufstätigkeit sehr gute Chancen auf eine schnelle berufliche Eingliederung haben, die Bewilligung ihres Asylantrags jedoch wegen der Vielzahl an Geflüchteten sehr lange auf sich warten lässt?

Dieser Bedarfssituation der aktuellen Lage in Deutschland geschuldet, haben wir im WiSe 2015/16 für Studierende der Germanistik und Linguistik in Zusammenarbeit mit dem Sprachenzentrum ein Projektseminar entwickelt, in welchem sich die Studierenden als Sprachpaten für Kleingruppen erproben können. In Absprache mit der Stadt Stuttgart sondieren wir den Bedarf an Sprachpatenschaften und sorgen dafür, dass wir vor allem Jugendliche und junge Erwachsene in ihrem sprachlichen, aber auch kulturellen Integrationsprozess unterstützen. (Das kann auf freiwilliger Basis über den rein akademischen Unterricht hinausgehen etwa dahingehend, dass nicht nur die sprachlichen Voraussetzungen für Alltagssituationen angeeignet, sondern geflüchtete Menschen in diesen Alltagssituationen auch begleitet werden.) 

Das Projektseminar existiert seit Oktober 2015 und wird seit April 2016 neben anderen Projekten im Bereich Welcome Campus vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) finanziell unterstützt und von unserem Kooperationspartner, der Staatsgalerie Stuttgart, begleitet. Ab Oktober 2016 können auch Studierende anderer Fächer als Sprachpaten geflüchtete Menschen in ihrem Lernprozess unterstützen und dies als überfachliche Schlüsselqualifikation anrechnen lassen. Zum SoSe 2017 starten wir mit einem für die Geflüchteten fortführenden Projektseminar mit dem Titel Im Dialog mit Geflüchteten - Gesellschaftspolitische Themen.

Um die Studierenden auf die Anforderungen vorzubereiten, beginnt das Projektseminar mit einem anderthalbtägigen Workshop (Freitagnachmittag/Samstag), der zum einen eigene interkulturelle Kommunikationskompetenzen trainieren soll und zum anderen auf die Sprachpatenschaft selbst vorbereiten wird. Bereits hier werden die Studierenden mit den nötigen Unterrichtsmaterialien ausgestattet. Während die Studierenden in den folgenden Wochen anfangs mit Hilfe der Seminarleiter Mini-Gruppen von bis zu vier Personen betreuen, werden bei Bedarf das ganze Semester über in regelmäßigen Abständen Besprechungen mit der DaF-Expertin und den begleitenden Dozenten stattfinden.

  • Workshop Interkulturelle Kommunikation mit Xiao Wang (Sprachenzentrum)
  • Workshop Sprachpate DaF mit Martina Widon (Sprachenzentrum)
  • Regelmäßige Feedbacktreffen mit den Seminarleitern
  • Treffen der Kleingruppen: ein Mal wöchentlich im Umfang von 90 Minuten

Seit dem SoSe 2017 treffen sich wöchentlich Studierende und Geflüchtete mit höherem Sprachniveau (mind. B2), um gemeinsam über gesellschaftspolitische Themen zu diskutieren. Die Themen werden gemeinsam ausgesucht und dann in drei Arbeitsschritten besprochen: Wortschatz erweitern – Textarbeit – Diskussion. Die Studierenden bereiten die Texte (meist Zeitungsartikel, Kommentare etc.) vor und besprechen sie in Kleingruppen mit den Geflüchteten. Bisherige Themen waren etwa Direkte Demokratie, Ehe für alle, Umweltschutz etc.

„Zuerst haben wir angehende Sprachpaten an zwei Tagen einen Kurs besucht, der uns auf das Lehren von Deutsch vorbereiten sollte. Die Kurse waren sehr informativ und die uns vorgeschlagenen Links hatten hilfreiches Info- und Lernmaterial.“

„Ich durfte sie alles fragen, was mich über ihre Kultur interessierte und habe ihnen im Gegenzug dann von der deutschen Kultur und Denkweise erzählt.“

„Mit der Zeit wurden wir auch viel vertrauter miteinander. Wir lachten mehr und überzogen regelmäßig, [...] weil wir uns verquatschten. Wir saßen dann noch draußen in der Sonne und redeten darüber, wie das Leben in Deutschland ist und wie anders man in Syrien miteinander umgeht. Ich habe Fotos von den Familien, die in Syrien zurückgeblieben sind, gesehen, vom früheren Zuhause und auch Videos, die auf der Flucht nach Deutschland entstanden sind.“

„Beide sind sehr zuverlässig, freundlich und sehr lernwillig.“

„Sie sind auch auf mich zugekommen, wenn sie Probleme hatten. Beispielsweise habe ich ihnen geholfen, Mails [...] zu verstehen oder sich für Prüfungen anzumelden.“

„Beide haben den Wunsch ausgesprochen, im nächsten Semester wieder weiterzumachen und da es auch mir viel Spaß gemacht hat, [...] ihnen etwas beizubringen und auch ich von ihnen manches lernen konnte, freue ich mich weiterhin, ihnen zu helfen, Deutsch zu lernen.“

„Wenn ich jetzt zurückblicke, dann freue ich mich, dass ich diesen Schritt gegangen bin [...]. Ich hatte selten, wenn nicht sogar nie, mit so höflichen und zuvorkommenden jungen Männern zu tun, wie ich sie in meiner Gruppe hatte.“

  • „Studenten werden zu Sprachpaten“. In: Stuttgarter Zeitung (28.10.2015) → PDF
  • „Angekommen in Stuttgart. Sprachpatenprogramm“. In: CampusIntern (10.12.2015) → PDF
  • „Unterricht für Flüchtlinge“. TV-Beitrag auf Regio-TV (16.12.2015)
  • Helena Zucht: „Mit Sprachgefühl und Empathie“. Interview mit Sprachpatin Dilan Cakir über das Projekt (Dez. 2015) → PDF
  • „Gemeinsam gegen Sprachbarrieren“. In: Stuttgarter Zeitung (22.02.2016) → PDF
  • Vernissage mit einer Ausstellung von Fotograf Thomas Bernhardt, der das Sprachpatenprojekt im ersten Jahr dokumentarisch begleitet hat 
  • Beatrice Caroli: „Diskutieren, um miteinander zu verstehen“. Das Projektseminar: Im Dialog mit Geflüchteten. In: Stuvus → PDF
  • HORADS-Interview zum Sprachpatenprojekt mit Laura Robustino (März 2018) → HORADS
  • Das Sprachpaten-Projekt bei Facebook → Facebook
  • Reportage von Kaine Pieri: Education, the last battle for refuggees' integration → YouTube
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Yvonne Zimmermann

Dr.

Akademische Rätin und Studiengangsmanagerin

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Marcus Willand

Dr.

Projektleitung QuaDramA

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