Forschung

Digital Humanities in Aktion

Diese Seite bietet eine exemplarische Auswahl von Projekten, an denen Mitarbeiter/innen und Studierende an der Abteilung Digital Humanities zurzeit arbeiten.

Vielfalt auf thematischer und methodischer Ebene

Die Projekte der Abteilung Digital Humanities decken ein breites Themenspektrum ab: Von Editorik über stilometrischen, narratologischen und sprachwissenschaftlichen bis hin zu sozialwissenschaftlichen Fragestellungen.

Eine solche Domänen- und Datenvielfalt erfordert auch unterschiedliche Herangehensweisen. Daher zeichnen sich die Projekte unserer Mitarbeiter wie auch diejenigen der Studierendengruppen aus den Projektseminaren durch stark unterschiedliche Methoden aus. Textstatistische Methoden für die Stil- und Themenanalyse finden dabei ebenso Gebrauch wie Datenbankmodellierung und Simulation.

Projekte

Mitarbeiter: Gabriel Viehhauser, Claus-Michael Schlesinger, Pascal Hein

Das interdisziplinäre Science Data Center für Literatur (SDC4Lit) hat sich zum Ziel gesetzt, einen Datenlebenszyklus für Digitale Literatur nachhaltig umzusetzen: Archivierung, Erforschung und Vermittlung werden systematisch reflektiert und entsprechende Lösungen umgesetzt. Dabei soll insbesondere der Tatsache Rechnung getragen werden, dass Modellierung, Aufbewahrung und Analyse aufgrund der besonderen Erscheinungsform digitaler Literatur nicht zu trennen und Forschungsfragen von den Fachcommunities her zu denken sind.

In SDC4Lit werden verteilte langzeitverfügbare Repositories für Digitale Literatur aufgebaut und über eine Forschungsplattform zugänglich gemacht. Die Repositories werden regelmäßig erweitert; die Forschungsplattform bietet die Möglichkeit, computergestützt mit den Daten zu arbeiten.

Kooperationspartner:
Deutsches Literaturarchiv Marbach
Höchstleistungsrechenzentrum Stuttgart
Institut für Maschinelle Sprachverarbeitung der Universität Stuttgart

Website:
https://www.sdc4lit.org/

Mitarbeiter: Gabriel Viehhauser, Toni Bernhart

Akustische Äußerungen sind kulturhistorische Phänomene. In allen ihren materialen und kulturellen Formen, Bedeutungen und Funktionen sind sie in den letzten Jahren stark in das literaturwissenschaftliche Forschungsinteresse gerückt. Als mediale und intermediale Ausdrucksformen spielen sie seit geraumer Zeit auch in den Kultur- Theater- und Medienwissenschaften und den Sound Studies eine wichtige Rolle.

Die Leitfragen für »textklang« resultieren aus literaturwissenschaftlichen Diskursen, insbesondere aus der Lyrikforschung, die den besonderen Status von Klanglichkeit und Aufführung lyrischer Texte immer wieder betont hat. Um die Beziehung zwischen literarischen Texten, konkret in Lyrik der Romantik, und die Interdependenz ihrer lautsprachlichen Realisierung bei Rezitation, gesungener Darbietung und musikalischer Aufführung systematisch zu untersuchen, wird ein Mixed-Methods-Workflow für eine theoretisch fundierte, hypothesengeleitete Forschung entworfen, der neue Perspektiven in der Lyrikforschung konturieren soll. Die Wechselbeziehungen zwischen Text(be)deutungen und prosodischen Sprachmerkmalen werden dabei auf der Grundlage von Audio-Aufnahmen zu Sprach- und Musikaufführungen und digitalisierten Notendrucken untersucht. Auf Basis sonischer Parameter können Hypothesen formuliert werden, die im Korpus makroanalytisch exploriert und schließlich in Perzeptionsexperimenten kontrolliert validiert werden können, wenn durch Resynthese einzelne Parameter verändert werden.

Kooperationspartner:
Deutsches Literaturarchiv Marbach

Institut für Maschinelle Sprachverarbeitung der Universität Stuttgart

 

Website:
https://www.srcts.uni-stuttgart.de/abteilungen/digital_humanities/textklang/

Mitarbeiter: Gabriel Viehhauser, Andreas Pairamidis, Florian Barth

Das Projekt befasst sich mit der digitalen Modellierung von Raumkonstruktionen in Erzähltexten. Die Kategorie des Raums ist in der Narratologie bislang noch wenig beachtet worden, obwohl der Schauplatz einer Erzählung ein ähnlich zentrales Element wie etwa die Figuren oder die Handlung darstellt. Insbesondere im Ansatz der Raumsemantik von Jurij Lotman wird deutlich, dass Räume oft auch eine Eigenbedeutung haben, so ist z.B. der Wald oft die Sphäre der Ungeheuer und Feen und steht im Gegensatz zu Stadt, Burg oder der Zivilisation. Die Grenze zwischen diesen Räumen kann meist nur der Held überschreiten; so wird deutlich, wie in Lotmans Ansatz Figuren, Ereignis und Handlung zusammengehören.

 

Eine digitale Modellierung dieser Raumsemantik stellt einerseits eine methodische Herausforderung dar, da Räume in Erzählungen zu einem großen Maß auch implizit erzeugt werden und schwer für den Computer zu erfassen sind. Andererseits kann gerade die Notwendigkeit der Präzisierung der Modelle, die der Computer mit sich bringt, einen narratologischen Erkenntnisgewinn bringen. Momentan arbeiten wir insbesondere an Netzwerkanalysen zu verschiedenen Texten, vor allem aber zu Ovids Metamorphosen, um das Beziehungsgeflecht von Raum, Figuren und Ereignissen deutlich zu machen und mit Hilfe des Computers explorativ zu visualisieren.

 

 

 

Mitarbeiter: Malte Heckelen

In meinem Dissertationsprojekt interessiert mich, wie Marvel und DC ihre transmedialen Erzählwelten unterschiedlich aufbauen. Hierzu habe ich Daten zu Figurenauftritten und professionellen Kollaborationen aus den Marvel und DC Fandom Wikis mit der Datenbank comics.org zusammengeführt (Daten reichen von 1960 - 2018 für Comics, Filme, Serien u.a.). Der Datensatz erlaubt es mir, die Evolution von Figurennetzwerken (basierend auf gemeinsamen Auftritten) und professionellen Kollaborationsnetzwerken zu beschreiben und zu modellieren.

Mich interessiert insbesondere erzählerisches "Momentum": transmediale Geschichten und serielle Inhalte an sich leben, wachsen und bleiben für RezipientInnen entlang der Narrative attraktiv, die durch die bereits etablierten Erzählwelten impliziert werden: tauchen Superman und Batman etwa zusammen in einem Team auf, ergibt dies Fragen, und damit Möglichkeiten auch Möglichkeiten, zu Geschichten um die Schwierigkeiten der Zusammenarbeit ungleicher Charakterköpfe - oder schlicht um die Frage, wer im JLA Watchtower den Kaffee kocht.

Um herauszufinden, wie Marvel und DC ihre sehr vernetzten und langlebigen Erzählwelten entlang dieses Worldbuilding-Konzeptes ausbauen, schaue ich mir an, wie Figuren sich im Netzwerk zueinander und voneinander wegbewegen - wie sich ihre Erzählwelten zeitweise überlappen und damit potenziell auch neue Zusammenhänge implizieren. 

Welche Figuren haben wann mehr Momentum, wann konzentriert sich das Gesamtuniversum mehr auf sie und wann nicht? Ist das unterschiedlich, je nachdem, welchen Kategorien diese Figuren angehören (z.B. Gender)? Und führt dies zu unerwünschten Inkongruenzen, etwa großen Unterschieden zwischen den Erzählwelten der Filme und Comics? Um diese Fragen zu beantworten nutze ich klassische netzwerkanalytische Metriken, gewichte die Beziehungstypen in meinen Netzwerken aber entsprechend der Veränderungen der Nähe zwischen Figuren.

Da der kreative Prozess in U.S.-Amerikanischen Comics sehr kollaborativ und arbeitsteilig ist, interessiere ich mich auch für die Auswirkungen von sozialen Verbindungen, die durch vorangegangene Kollaborationen entstehen. Wirkt sich soziale Nähe zwischen Kreativen auf die Figurenauswahl aus und lässt sich das Figurennetzwerk als Resultat aus dieser Nähe zeigen? Oder sind klassische Netzwerkdynamiken wie Preferential Attachment und die triadische Schließung eine ausreichende Erklärungsmöglichkeit?

Kontakt

Kerstin Dorner

 

Sekretariat

Dieses Bild zeigt Malte Heckelen

Malte Heckelen

M.A.

Verantwortlicher Website / Wiss. Mitarbeiter Abt. Digital Humanities

Zum Seitenanfang