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Dies ist ein toller Teaser

Versailles, 1664: C’est la fête!

Im Mai 1664 findet im Garten von Versailles ein spektakuläres Fest mit dem Titel Les Plaisirs de l’île enchantée (Die Vergnügungen der verzauberten Insel) statt. Es ist das erste von insgesamt drei großen Hoffesten, die Louis XIV dort in den folgenden zehn Jahren feiert. Höfische Turniere, Konzerte und Tanzvorführungen, ein Feuerwerk sowie die Aufführung einer Ballettkomödie mit dem Titel La Princesse d’Élide (Die Prinzessin von Elis) bilden die Höhepunkte dieser ersten offiziellen Festlichkeiten. Doch außer einigen wenigen historischen Quellen existiert keine Überlieferung dieses kulturhistorisch bedeutsamen, ersten Versailler Festaktes – alle eigens errichteten Festplätze und auch das Gartentheater verschwanden unmittelbar nach den Festlichkeiten wieder.

Das Gartentheater des Sonnenkönigs in Virtual Reality

Die Vision des Projekts VERS.AI.LLES-Talents (2024/2025) an der Universität Stuttgart ist die multimediale digitale Vergegenwärtigung dieses historischen Theaterraums mit Lehramtsstudierenden im Fach Französisch: Auf Basis einer kritisch-systematischen Arbeit mit den vorhandenen historischen Quellen entstand unter Anwendung generativer KI-Tools ein 3D-Modell, welches das Versailler Gartentheater von 1664 in der virtuellen Realität erlebbar werden lässt. Unser Ziel ist einerseits die literaturwissenschaftliche Rekontextualisierung der historischen Aufführungssituation, für die der Theaterraum den Ausgangspunkt bildet: Als Darstellungsraum definiert er die Rahmenbedingungen der Theaterproduktion und ermöglicht zugleich ein Verständnis der Theaterrezeption. Andererseits soll durch die Visualisierung unserer Ergebnisse im Virtual-Reality-Modell die Theaterhistoriographie für ein öffentliches Publikum und insbesondere SchülerInnen erfahrbar werden.

Methodologie: Quellenanalyse und Hypokonstruktion

Unser Vorgehen basiert auf drei Konzepten: Interaktivität, Internationalität und Interdisziplinarität.

INTERAKTIVITÄT

Die Projektarbeitsgruppe besteht aus fünf Studierendentandems (Studiengang Lehramt Französisch der Universität Stuttgart), die unter Anleitung und im engen gegenseitigen Austausch jeweils spezifische Fragen zum historischen Gartentheater hypothesenbasiert beantworten.

INTERNATIONALITÄT

Elementar für die Klärung zahlreicher grundsätzlicher Fragen war dabei der Dialog mit internationalen ExpertInnen, der während einer Forschungsexkursion in Versailles stattfand.

INTERDISZIPLINARITÄT

In Stuttgart wurden die literaturwissenschaftlichen Forschungsergebnisse durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit der Hochschule der Medien Stuttgart als virtuelles Theater visualisiert.

Der handschriftliche Holzvertrag.
Ein Beispiel für eine Kupferstichgravur.

Den Korpus unserer Quellenarbeit bilden der Theatertext sowie Begleitschriften, Festberichte, Briefe, Musikpartituren und Abbildungen. Für deren Analyse ist eine genaue und systematische Auswertung notwendig, da der Großteil dieser Materialien aus dem 17. Jahrhundert dazu diente, eine bewusst übertriebene und instrumentalisierte Beschreibung des Hoffestes mit dem Ziel des Herrscherlobs zu liefern. Zudem haben nicht alle Autoren der Schriften selbst am Festakt teilgenommen, sondern überliefern teilweise Informationen aus zweiter Hand. Auch Abbildungen wie aufwendige Kupferstichgravuren konnten üblicherweise erst mit deutlicher Verzögerung erstellt werden und sind daher nicht als unmittelbare Zeugnisse des Geschehens zu verstehen. Weder architektonische Zeichnungen sind überliefert, noch existiert eine systematische Dokumentation der finanziellen und strukturellen Organisation für das Fest von 1664. Hinzu kommt, dass ein handschriftlicher Vertrag über den Kauf von Holz- und Konstruktionsmaterial vom 20. März 1664 bisher in der Forschung meist als zentrale Quelle für das Gartentheater von 1664 benannt wird. Die Analyse dieses Schriftstücks zeigt jedoch, dass eine enorme Menge an Brücken, wasserabweisendes Holz und eine Vielzahl an Felskonstruktionen zentrale Bestandteile dieses Kaufvertrags sind – Elemente, die zwar nicht für das Gartentheater der Princesse d’Élide-Aufführung passgenau scheinen, jedoch alle für das Wasserbecken-Theater am dritten Festtag benötigt werden.

Quellenkorpus:

Theatertext und offizielles, gedrucktes Begleitheft des Festaktes (Livret)

Les Plaisirs de l’Isle enchantée. Course de Bague, Collation ornée de Machines, Comedie de Moliere de la Princesse d’Elide, meslée de Danse & de Musique, Ballet du Palais d’Alcine, Feu d’Artifice: Et autres Festes galantes & magnifiques; faites par le Roy à Versailles, le 7. May 1664. Paris: Robert Ballard 31/01/1665 = in Georges Forestier (Hg.): Œuvres complètes. Paris: Éditions Gallimard 2010, S. 519-599.

Livret mit Teilnehmerlisten

Benserade, Isaac de: Les plaisirs de l'isle enchantée. Course de Bague faite par le Roy à Versailles, le 6 May 1664. Paris: Robert Ballard 1664.

Handschriftlicher Livret mit zahlreichen Illustrationen

Bizincourt, M. de: Les plaisirs de l’isle enchantée, ordonnéz par Louis XIV, roy de France et de Navarre, à Versailles, le 6 May 1664.

Bericht

Renaudot, Théophraste: Recueil des Gazettes nouvelles, ordinaires et extraordinaires. Relations et récits des choses avenues tant en ce royaume qu’ailleurs, pendant l’année mil six cent soixante-quatre = „De Paris, 10 may 1664“, Gazette, no 56, 10 mai 1664, S. 456.

https://merveilles17.huma-num.fr/texte/merveilles17_imp_gazette16640510.html

Bericht

7, 10 et 12 mai: „De Paris, le 17 may 1664“ = Gazette, no 59, 17 mai 1664, S. 478-479.

gallica.bnf.fr / Bibliothèque nationale de France:

https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k6441952d/f483.image

Bericht

Les particularitez des divertissemens pris à Versailles par leurs Majestez = Gazette, no 60, 21 mai 1664, S. 481-496.

gallica.bnf.fr / Bibliothèque nationale de France:

https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k6441952d/f486.image

Bericht

Loret, J.: „Immanquable“, La muse historique, Lettre XVIII, 10 mai 1664. Hg. Ch.-L. Livet. Paris: P. Daffis 1878, t. IV, S. 195-198.

https://archive.org/details/lamuzehistorique04loreuoft/page/195/mode/1up?view=theater

Bericht

Marigny, Jacques Carpentier de: Relation des divertissemens que le roy a donnés aux reines dans le parc de Versaille. Paris: C. Sercy 17/06/1664.

Musikpartitur

Jean-Baptiste Lully: Les plaisirs de l’Isle enchantée festes Galantes, et magnifiques, faites par le Roy à Versailles, le 7e May 1664 [partition]. Hg. A. Philidor, texte manuscrit, [v. 1690], Bibliothèque nationale de France, RES-F-531.

Brief

Carlo Vigarani: 16. Mai 1664, in: Rouchès, Gabriel (Hg.): Inventaire des lettres et papiers manuscrits de Gaspare, Carlo et Lodovico Vigarani conservés aux Archives d'État de Modène (1634-1684). Paris: Honoré Champion 1913, S. 92.

Abbildungen

Israël Silvestre/Jean Le Pautre/François Chauveau: Les Plaisirs de l’Ile enchantée, ou les fêtes, et divertissements du Roi, à Versailles. Recueil de planches gravées (Kupferstichgravuren). 1679.

Israël Silvestre: Les Plaisirs de l’Ile enchantée, ou les fêtes, et divertissements du Roi, à Versailles. Planches gravées (kolorierte Kupferstichgravuren). Österreichische Nationalbibliothek, Kartensammlung, Atlas Blaeu-Van der Hem, vol. E3:51, fol. 112 ; 115 ; 117 ; 119 ; 121 ; 123 ; 125 ; 128 ; 130.

 

Anhand der verfügbaren Materialien und durch Vergleiche mit besser belegten Festakten und Theaterbauten müssen demnach teilweise Schlussfolgerungen abgeleitet werden. Das hat zur Folge, dass das Ergebnis keine detailgetreue Rekonstruktion der historischen Wirklichkeit sein kann. Um die Wissenslücken explizit zu problematisieren, setzen wir für unser Theatermodell den Begriff der Hypokonstruktion im Sinne eines reflektierenden Rekonstruktionsbegriffs ein. Ziel dieses Begriffs ist die Schaffung eines Bewusstseins für die Hypothesenhaftigkeit: Denn das virtuelle Modell zeigt, wie das Gartentheater auf Basis der Schlussfolgerungen aus den Quellen konstruiert und gestaltet gewesen sein könnte – es hat aufgrund der historischen Distanz aber den Status einer begründeten, jedoch in Teilen nicht abschließbar verifizierbaren Annahme.

Das Theaterstück: La Princesse d’Élide

Das Gartentheater wurde für nur eine einzige Aufführung genutzt, nämlich für die Uraufführung von La Princesse d’Élide: Eine Komödie von Molière, die er innerhalb kürzester Zeit im Auftrag des Königs konzipiert und die in mehreren Hinsichten eine gemischte Komödie ist. Denn zum einen integriert sie neben dem Schauspiel auch Musik und Tanz, zum anderen findet Molière nicht die Zeit, mehr als anderthalb der fünf Akte in Versform zu formulieren, sodass der Rest in Prosa bleibt. Es ist eine Ballettkomödie, die eine junge Prinzessin als Protagonistin ins Zentrum der Handlung stellt. Sie verkörpert die Eigenschaften der Göttin Diana, da ihre Liebe allein der Jagd gilt. Im Lauf der Handlung verliebt sie sich nach einigen Verwicklungen schließlich in den Prinzen Euryale, der mit seiner galanten Verführungsstrategie Erfolg hat. Die Handlung spielt in Élide, einem Ort des mythischen Arkadiens, das im 17. Jahrhundert aus der Pastoral- beziehungsweise Schäferliteratur bekannt war und als idealisierter Ort galt.

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VERS.AI.LLES-Talents: Über uns

Projektleitung: Alisa Winkens

Assistenz und musikalische Leitung: Mathis Krause

Studierendentandems: Emma Bako-Krutsch, Julia Beck, Natalie Berndt, Elisabeth Braun, Nathalie Hennig, Tabea Klaschka, Steriani Lenoudia, Linea Rau, Isabel Rizzo, Luzie Welker

Visualisierung/VR-Modell: Ellen Karg, Lukas Landhäußer, Sebastian Schmeiser

Besonderer Dank an: Prof. Dr. Kirsten Dickhaut, Prof. Dr. Martin Fuchs, Ariane Kiel-Freytag (School for Talents), Kammerorchester Esslingen, Raphael Zöller, Manuel Markin, Selina Seibel, Marco Lo Cascio (CMBV), Raphaël Masson (CRCV), Benjamin Ringot (CRCV), Delphine Desbourdes (CRCV)

 

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