IZKT-Projekt "Theater/Nationen – Frankreich und Italien"

Romanische Literaturen I

Projektseminar mit abschließender Ausstellung im Institut français Stuttgart

Der innovative Zugriff auf die klassizistische Tragödie besteht vor allem darin, den französischen und den italienischen Kontext in ein Verhältnis zu setzen. Erst dieses Vorgehen macht die Konfigurationen, die die Tragödie als Gattung mit ihren politischen und kulturellen Implikationen durchläuft, sichtbar. Sowohl die Racinesche Regeltragödie als auch die Alfierianische Tragödienpassion sind national erzieherische Projekte, wenngleich mit unterschiedlichen politischen Vorzeichen. Gilt Racine mit seiner aristotelisch ausgerichteten Regeltragödie als DER Garant für die französische Klassik und damit auch für das absolutistische System, schreibt Alfieri hundert Jahre später unter den gänzlich veränderten Bedingungen der Französischen Revolution einerseits und den politischen Verhältnissen eines noch nicht national geeinten Italiens andererseits. Dabei entwickelt Alfieri seine tugendhaft-republikanische Tragödie in Bezug auf und in Abgrenzung vom französischen Vorbild bis hin zu seiner zweiten Tragödienedition, die im Pariser Verlag Didot erscheint, der einige Jahre zuvor erst eine Gesamtausgabe der Racineschen Tragödien verlegt hatte. Die Tragödien figurieren somit zum einen auf einer editionstechnischen Ebene als eine für den Leser im Schriftbild inszenierte und verewigte Literatur. Zum anderen werden sie als national erzieherische Projekte mittels der zeitgenössischen Theatertechnik jeweils aktuell in Szene gesetzt. Beide Inszenierungstechniken, editions- und theatergeschichtlich, sollen im Seminar rezeptions- und produktionsästhetischen Fragestellungen unterworfen werden. Das Seminar gibt so nicht nur die Möglichkeit einer vertieften Einführung in die Gattungsgeschichte der Tragödie mit ihrer Inszenierungs- und Theatertechnik, sondern vermittelt ebenso eine kulturgeschichtliche Perspektivierung, die von den Studierenden in ein Ausstellungskonzept überführt wird. Mit dem Institut Français als Ausstellungsort werden die Ergebnisse des Projektseminars einem breiteren interessierten Publikum präsentiert. . Im Anschluss an die Ausstellung werden die Poster online auf der Homepage der Romanistik publiziert.

Im Zentrum des vom IZKT geförderten Projektseminars geht es um die Gattung der Tragödie und ihre Bedeutung für das nationale Selbstverständnis, das sich im französischen und italienischen Klassizismus entwickelt. In einer Gegenüberstellung der für die Tragödienproduktion beider Länder maßgeblichen Autoren, Jean Racine und Vittorio Alfieri, sollen die Theaterpraktiken mit der politischen Situation in Zusammenhang gebracht werden. Dabei wird es darauf ankommen, den zeitlichen Unterschied der etwa hundert Jahre auseinanderliegen Tragödienproduktionen (Racine Ende des 17. Jahrhunderts, Alfieri Ende des 18. Jahrhunderts) dynamisch aufeinander zu beziehen. Macht die französische Klassik Schule bildend in Europa den Anfang, ist schon hier der Zusammenhang von Tragödienpoetik und politischer Situation evident. Der absolutistische Zentralstaat unter Louis XIV definiert mittels der ,doctrine classique‘ ein national gültiges Erziehungsprojekt. Die Tragödie dient der Feier des Monarchen. Ein Jahrhundert später ist es genau diese Verstrickung von nationaler Politik und Tragödie, die Vittorio Alfieri dazu antreiben, eine Tragödientradition in Italien allererst zu gründen. Politisches Ziel ist es, in der Bevölkerung eine Idee republikanischer Freiheit gegen den Tyrannenstaat zu installieren. Nebenbei behauptet Alfieri in seinem Tragödienprojekt die kulturelle Vormachtstellung Italiens, die es in der Renaissance einst innehatte. Alfieri wendet sich gegen den Absolutismus mit den poetischen Mitteln der vom Absolutismus annektierten Gattung der Tragödie.

Ergebnis

Laufzeit: 01.10.2017 bis 15.04.2018

Seminar: wöchentlich mittwochs 11.30 – 13.00 Uhr

Kompakteinheiten: Freitag 08.12.2017 9.00 – 17.00 Uhr / Freitag 12.01.2018 9.00 – 17.00 Uhr / Samstag 13.1. 9-14 Uhr

Ausstellung am 08.02. um 19.00 Uhr im Institut français Stuttgart (Präsentation mit Vortrag und Lesung), Ausstellungsdauer 08.02.2018 bis 09.03.2018              

Semesterbegleitend haben die Studierenden Gelegenheit, im Format eines „TheaterClubs“ (in Zusammenarbeit mit Dr. Elodie Ripoll) an der Universität Stuttgart Verfilmungen historischer Inszenierungen der Tragödien zu sehen.

Download Poster-Ausstellung

Kontakt

Dieses Bild zeigt Gesine Hindemith

Gesine Hindemith

Dr.

Akademische Rätin

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